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Rainer A. Köhler

* 17. September 1943 in Würzburg
† 17. Juli 2017 in Gauting

1962-1969
Hochschulstudium an der TU München

1967
Vertiefungsarbeit über zentralen Bereich in Ulm

1968
1.Preis Rathaus Neustadt bei Coburg mit den Architekten Ehm und Leitner

1969
Diplomabschluss mit Auszeichnung als Jahrgangsbester

seit 1970
Eigenes Büro in Gauting und zeitweise in München

  • Wirkungskreis in Bayern / Deutschland
  • öffentlicher und staatlicher Hochbau
  • Wohnungs-, Verwaltungs- und Städtebau
  • Schul, – Sport- und Hochschulbau
  • Industrie- und Gewerbebau
  • Sakral- und Krankenhausbau
  • Beteiligung an öffentlichen Architekturwettbewerben und europaweit ausgeschriebenen Auswahlverfahren
  • 145 Preise und Ankäufe, davon 29 erste Preise/Aufträge bei Wettbewerben und 20 erste Ränge/Aufträge bei VOF-Verfahren
  • Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, Architekturführern und Tagespresse
  • Berufung in den Wettbewerbsausschuss der bayerischen Architektenkammer
  • diverse Berufungen zum Preisrichter in Süddeutschland
  • diverse Studienreisen in Europa und USA

seit 2008
köhler architekten + beratende ingenieure gmbh

Erläuterungen zum künstlerischen Werk

Der Anfang 1968
Der Architektenwettbewerb ist für den Nachwuchs sehr wichtig, um sich einen Namen zu machen. Schon als Student hat Rainer A. Köhler innerhalb von namhaften Büros bei öffentlichen Wettbewerben mitgewirkt. Entscheidend war in dieser Zeit ein 1. Preis beim Rathauswettbewerb in Neustadt bei Coburg, an dem sich über 100 Teilnehmer aus ganz Bayern beteiligt hatten. Dieser Erfolg war der eigentliche Grundstein für die weitere berufliche Entwicklung: Die Beschäftigung mit öffentlichen Bauaufgaben und der Mut, über den Wettbewerb zum selbstständigen und freien Architekten.

Offen gezeigte Konstruktion – Handwerklichkeit
Rainer A. Köhler geht es beim Bauen auch um das Verständnis und die Offenheit der gewählten Konstruktion. Das Zeigen von offenen Holztragwerken, leichten Betonkonstruktionen und transparenten Stahldetails ist für Rainer A. Köhler ein echtes gestalterisches Anliegen. Alle kleinen Details wie Handläufe, Einbauteile, Fußbodenbeläge, Wände usw. sind mit viel Hingabe entwickelt worden, damit sie den Betrachter durch direkten Kontakt freundlich – glücklich stimmen.

Licht und Farbe
Als Sohn des Malers Karl Köhler ist auch die Art der Farbe auf Wänden, Decken und Stützen für Rainer A. Köhler von besonderer Bedeutung: Nicht deckend, sondern in vielen abgestuften Tönen lasierend aufgebracht – eine Wiederentdeckung der Spachteltechnik. Die Farbe gewinnt so an Tiefe, verschließt Raum oder Fläche nicht und ist von großer Lebendigkeit.
Darüber hinaus wurde ein damit zusammenhängendes Thema bearbeitet: Das Licht – es macht sehend, die Welt erkennend, modelliert die Dinge plastisch, lässt sie farbig erscheinen, zeigt uns die Tages- und Jahreszeit an und vieles andere mehr. Vor allem mit Hilfe des Lichtes ist das Gebäude, beispielsweise in den von Rainer A. Köhler geplanten Schulen erkennbar in seine Welt eingebunden. Und dieses Licht kann nicht nur physikalisch gesehen werden, es steht darüber hinaus für vieles andere. In der Geschichte finden wir hervorragende Beispiele für die Zusammenhänge von Licht und Wirkung: in den Kathedralen des Mittelalters, im Barock, aber ebenso in der Glasarchitektur unseres Jahrhunderts.
Die Farben spielen bei seinen Bauten eine wichtige Rolle. Er hat experimentiert, indem er den Farben verschiedene Silbertöne beigemischt hat. Dadurch wird der Beton „veredelt“ und verleiht der Oberfläche einen ganz besonderen Glanz.

Ziel und Absicht
Die ständige Auseinandersetzung im Architektenwettbewerb zwingt zum klaren, übersichtlichen Entwerfen von Grundriss und Ansicht. Studienreisen vor allem nach Amerika haben Rainer A. Köhler in der Weise geprägt, dass große Innenräume mit differenzierter Farbigkeit entstehen konnten. Sein Stil zeigt keine Architekturgags, Postmodernismen oder geschmäcklerische Rustikalität und Regionalität. Die Bauten sind eher unprätentiös, dafür aber von innerer und äußerer Wirkung. Die Gebäude sind maßstäblich entwickelt und sollen den Benutzer positiv stimmen. So entstand einen Architektur, die weder provoziert, noch anbiedert, sondern letztlich dem Menschen in Gestalt und Form dienen soll.
In gleicher Weise gilt Rainer A. Köhlers Interesse dem Außen- wie Innenraum. Auf der einen Seite die mehrgeschossigen Hallen: Es gibt bei Ihm kaum ein Gebäude, das nicht mindestens zwei Vollgeschosse nach oben offen ist, so dass der Raum von innen erlebt werden kann. Daraus entstehen Durchblicke und interessante, optische Bezüge, die zusätzlich -durch Licht von oben- zur besseren Orientierung und zur Freude des Betrachters führen sollen.

Freiheit in der Architektur

  • Überraschungsmomente sollte es in der Architektur geben wie z.B. der Kreis oder Kegelstumpf
  • Eine Stahlskulptur soll Kunst im Raum vermitteln
  • Kreis und Kegel versprechen ein städtebauliches Profil
  • Der Kreis als Zeichen der besonderen Schulgemeinschaft
  • Der Kegel als Belichtungselement zentriert im Mittelpunkt das Licht, führt gleichsam automatisch auf die mittige Treppenanlage zu und eröffnet den Blick nach oben. Das Variieren mit Segmenten und radialen Formen in Grund- und Aufriss führt zu vielen Abenteuerecken und unverhofften Situationen mit Durch- und Ausblick nach unten und oben und macht Raum zum farbigen Phantasie- und Spielbereich.

Muss eine Schule immer rechteckig sein
„Ich bin froh und dankbar, dass wir bei der Realschule in Haag an keinerlei Vorgaben gebunden waren, die unsere Gestaltung eingeschränkt hätten: Wir konnten und wollten erst gar nicht auf bewährten und eingefahrenen Pfaden gehen und gängige Typologien im Schulbau verwenden. Unsere Idee war, den Neubau als Kreis für das Gelenk zwischen historischem Kloster und der neuen Sporthalle auszubilden. So unterscheidet sich unsere Schule von anderen und wird zum unverwechselbaren Element im Stadtgefüge“. (Vor dem Kreistag in Mühldorf)

Architekt und Schule
„Für uns ist nicht die Stadt oder der Landkreis unser Kunde – für uns sind die Kinder unsere Kunden, indem wir jede Art von einer „Lernmaschine“ ohne gestalterische Sensibilität vermeiden und versuchen, auf den Schüler einzugehen.“ (Einweihungsrede Hauptschule Mühldorf)
Schule wird heute nicht mehr nur als Ort der Wissensvermittlung gesehen, sondern als ein elementarer, den jungen Menschen prägender Lebensraum. Das Gebäude sollte „Lernstuben“, Gestaltungsfreiräume und Erholungsnischen bereitstellen, Dynamik, Offenheit und Kreativität erkennen lassen sowie Motivation zum Lernen bieten. „Lernstuben“ sind dabei im Sinne von Klassenzimmern zum Wohlfühlen zu verstehen.
Unter den Häusern und Gebäuden, die Bewusstsein oder Unterbewusstsein eines Menschen prägen, ist das Wichtigste nach dem Zuhause die Schule. Ob man die Schule nostalgisch verklärt oder sich von ihr kritisch distanziert, immer ist die Schulzeit im Gedächtnis geblieben. Die persönlichen Erinnerungen sind dabei nicht nur von den Lehrern oder den Mitschülern geprägt (besonders ein gelungener Schülerstreich), sondern auch von der gebauten Umgebung. Für viele Schüler ist die Schule immerhin bis zu 13 Jahren ihre zweite Heimat, und das nicht nur von 8.00 bis 13.00 Uhr. Deswegen ist die Gestaltung von Schulen – mehr als andere Bauaufgaben – eine Frage der gesellschaftlichen wie auch architektonischen Verantwortung.

Architekt – der kreative Planer
Der Entwurf entsteht nicht im Bauch, sondern im Kopf: Bei allen Projekten wird zunächst eine Idee entwickelt, die Köhler dann versucht baulich umzusetzen. Vorab aber steht bei uns ein Gedanke im Mittelpunkt, nämlich, dass jedes dieser Häuser eine positive Ausstrahlung hat, die eine offene, freundliche Atmosphäre und offene Menschen schaffen soll. So eine Idee wird im Geiste geboren und entwickelt sich dann im Laufe der Bearbeitung als formale Lösung. So zum Beispiel in Stockdorf, wo man zunächst allergrößte Ängste hatte, auf diesem relativ dünn bebauten Grundstück, die große Sporthalle mit der enormen Höhe und seinen Nebenflächen unterzubringen. Da hatte man die Idee, das Haus zum allergrößten Teil unter der Erde verschwinden zu lassen und mit markanten Lichtelementen zu versehen, die sich nach außen hin neuartig und unverwechselbar darstellen konnten. Diese Idee beflügelte die Kinder, die darin Indianerzelte sehen konnten. In der Verwendung von Kegeln und Kreisen konnten wir weiterhin die Phantasie der Kinder anregen.
Bei der Spielkiste experimentierte er mit freien Formen und schuf Winkel, die das Spielerische im Kind anregen sollte.
Die Idee beim Kreisaltenheim in Garatshausen war ein runder Kreis, der sich städtebaulich sehr gut in die vorhandene Baustruktur einfügen konnte, darüber hinaus aber erzeugt er ein hohes Maß von Geborgenheit für unsere alten, pflegebedürftigen Mitbürger. Im Zentrum dieses Kreises ist eine über acht Meter hohe Glaspyramide, die zum Erlebnisraum für die nicht mehr mobilen Alten werden kann.

Auf der Suche nach verlorenen Bildern
„Wenn ich an Architektur denke, steigen in mir viele Bilder auf. Viele dieser Bilder stehen im Zusammenhang mit meiner Studienzeit und später in der Tätigkeit als Architekt. Sie enthalten die vielen Wettbewerbe, die Architektur-Exkursionen und das berufliche Wissen, das ich mir im Laufe der Zeit erwerben konnte.
Andere Bilder haben mit meiner Kindheit zu tun. Ich erinnere mich an jene Zeit in meinem Leben, in der ich Kunst und später Architektur erlebt habe, ohne darüber nachzudenken. Noch glaube ich, die Ölfarbe und das Terpentin, das mein Vater zum Säubern der Pinsel brauchte, zu riechen. Begegnungen am Abend im väterlichen Atelier, wo mein Vater bis zu seinem Tode fast täglich arbeitete. Oder an Reisen nach dem Krieg nach Ravenna, Südfrankreich oder zur Wallfahrtskirche Ronchamps von Le Corbusier, wohin unser Vater uns Kinder mitnahm. Aber auch Musica-Viva-Konzerte im Herkulessaal, wo ich 1956 Igor Strawinsky auf seiner einzigen Deutschlandtour persönlich erleben durfte. Alles erscheint klar und deutlich – die Atmosphäre dieser Ausblicke haben sich eingeprägt und letztlich meinen Berufsweg vorgeschrieben.“ (Zitat Rede am 17.10.2008)

Musik und Architektur
Wie sein Vater, liebt er die Musik. Das menschliche Vermögen, Melodien, Harmonien und Rhythmen zu erfinden, verblüfft ihn. Das erstaunlichste an der Musik Johann Sebastian Bachs ist ihre Architektur. Ihre Konstruktion wirkt klar und durchsichtig. Man kann die melodischen, harmonischen und rhythmischen Elemente deutlich verfolgen, ohne das Gefühl für die die ganze Komposition zu verlieren. Eine klare Struktur liegt dem Werk zugrunde. Konstruktion ist die Kunst, aus vielen Einzelteilen ein sinnvolles Ganzes zu formen. Häuser sind Zeugnisse der menschlichen Fähigkeit, konkrete, also für den Menschen nützliche Dinge zu planen. Manchmal, wenn ein Bauwerk ihn berührt wie Musik, ein Stück Literatur oder ein Bild, ist er versucht, an diesen Kosmos zu glauben.
Ein Gebäude hat in der Regel vier Seiten, die sich entsprechend der dahinter liegenden Funktionen und der Ausrichtung nach den Himmelsrichtungen unterscheiden. Eine Analogie zur Musik heißt die Gliederung einer Sinfonie in die vier Sätze Allegro, Adagio, Menuett und Allegro.
Beispiele wie IZB Martinsried: Ellipse – Kammsystem – Kopfbau und Flachbau oder Kreis, der allerseits relativ gleich ist, also eine Sinfonie in einem Satz mit Wiederholungen.